Es macht mir unvermindertes Vergnügen von früh bis spät Tee zu trinken, und der schmerzlichste, immer neu empfundene Verlust war, wenn ich

auf Reisen nur schlechten bekam oder ganz ohne Tee auskommen musste.

 

Jeder Teeliebhaber kennt diese Erfahrung, die William Somerset Maugham in seinem Lebensrückblick schildert. Doch nicht nur unterwegs kann es schwierig sein einen wirklich guten Tee zu bekommen. Auch zu Hause gelingt die Teezubereitung nicht ohne weiteres so leicht, wie man nach Sen no Rikyūs Beschreibung der Teezeremonie denken könnte: "Man macht Tee und sieht, dass er gut schmeckt. Es gibt kein anderes Geheimnis". So einfach könnte es sein und so einfach ist es doch nicht immer. Auf Reisen steht auch heute noch oft eine gewisse Gleichgültigkeit der Gastronomen dem perfekten Teegenuss im Wege. Aus einem lauwarmen Glas Wasser, zu dem auf einer Untertasse ein billiger Teebeutel serviert wird, kann nun einmal nichts Gutes werden. Bessere Hotels und Cafés, die etwas auf sich halten, brühen losen Blatt-Tee auf und zeigen, dass es auch anders geht.

 

Zu Hause sollte man auf die Qualität des Ausgangsmaterials achten. Damit ist zum einen natürlich der Tee gemeint. Für die Teestunde zu Hause ist loser Tee die beste Wahl. Teebeutel mögen unterwegs oder im Büro praktisch sein. Aber die scheinbar so bequemen Portionspäckchen sind für die Zubereitung nicht optimal, weil der Beutel den freien Austausch der Teeblätter mit dem Wasser verhindert. Die Blätter können sich nicht voll entfalten und das Wasser kann die Blätter nicht vollständig umspülen. So wird nur ein kleiner Teil der Inhaltsstoffe gelöst und das Aroma kommt nicht zur Geltung. Stattdessen sollte möglichst frischer loser Tee mit geeignetem Wasser aufgegossen werden, das zuvor auf die richtige Temperatur erhitzt wurde.

 

Doch welches Wasser ist geeignet und welche Temperatur ist die richtige? Alle Tee-Experten stimmen darin überein, dass Teewasser weich sein sollte. Der Kalkgehalt des Wassers sollte also möglichst gering sein. Zu viel Kalk steht der Entfaltung des Tee-Aromas im Weg – schlimmstenfalls bildet sich auf der Oberfläche des Tees ein so genannter Tee-Film (Tea scum), der nicht nur die Optik, sondern auch den Geschmack des Getränks erheblich beeinträchtigt. Wer weiches Leitungswasser hat, kann es ohne weiteres zum Teekochen verwenden. In vielen deutschen Städten ist das Leitungswasser aber sehr kalkhaltig. Umkehrosmose-Anlagen oder Aktivkohlefilter können die Wasserqualität verbessern. Außerdem gibt es Wasserfächer und Kalkfänger, die Abhilfe versprechen. Das reinste Wasser erhält man durch Destillation. Ob destilliertes Wasser gutes Tewasser ist, ist umstritten. Viele Experten meinen, dass die Summe der gelösten Stoffe (Total dissolved solids) im Teewasser 50 bis 140 Milligramm pro Liter betragen sollte. Destilliertes Wasser enthalte keine oder zu wenige gelöste Stoffe, so dass der Tee fade schmecke. Ich bin der Ansicht, dass destilliertes Wasser für die Zubereitung der meisten Teesorten ebenso gut geeignet ist wie Wasser aus einer Umkehrosmose-Anlage. Wenn weder eine solche Anlage noch ein Destillierapparat zur Verfügung stehen, halte ich einen Aktivkohlefilter für die beste Lösung. Wasser aus dem Aktivkohlefilter sollte allerdings immer sprudelnd gekocht haben, um eventuell vorhandene Keime abzutöten. Eine Möglichkeit besteht auch darin, "zu reines" Wasser aus dem Destillierapparat oder der Umkehrosmose-Anlage mit ungefiltertem Leitungswasser zu mischen, um dem Wasser so wieder eine gewisse Menge an Substanzen als Geschmacksträger hinzuzufügen. Dies kann auch kontrolliert geschehen, indem bestimmte Mineralien nach der Bearbeitung des Wassers gezielt wieder hinzugegeben werden.

 

Die Temperatur des Wassers, mit dem der Tee aufgegossen wird, richtet sich nach der Teesorte. Sie beträgt normalerweise zwischen 60 und 100 Grad Celsius. Die meisten Schwarztees schmecken am besten, wenn man sie mit kochendem, also 100 Grad heißem Wasser aufgießt. Grüntees mögen dagegen kein kochendes Wasser. Das hängt vor allem mit dem deutlich höheren Gerbstoffgehalt der meisten Grüntees zusammen: Diese Tees werden schnell viel zu bitter, wenn sie mit zu heißem Wasser gebrüht werden. Die beste Art der Zubereitung ist die so genannte Zwei-Kannen-Methode. Dabei werden die Teeblätter in die Aufgusskanne gegeben und aufgebrüht. Nach dem Ziehen wird der Tee durch ein Sieb in die Servierkanne umgegossen. Auch die optimale Ziehzeit ist von der Teesorte abhängig. Oolong-Tees und viele Grüntees gelingen am besten mit sehr kurzen Ziehzeiten von zum Teil deutlich unter einer Minute. Darjeeling-Tees ziehen gewöhnlich eineinhalb bis zwei Minuten, kräftigere Schwarztees vertragen längere Ziehzeiten von drei bis fünf Minuten. Für die Dosierung gibt es eine Faustregel (12 Gramm Teeblätter für einen Liter Wasser). Die Dosierung hängt nicht nur von der Sorte des Tees ab, sondern vor allem auch von der Ziehzeit und von der Wassertemperatur. Grundsätzlich kann man sagen: Je kürzer der Tee zieht und je kühler das Wasser aufgegossen wird, desto höher sollte die Dosierung sein.

 

Es sind also zunächst einmal sechs Parameter, die den Geschmack des Tees beeinflussen: Die Art der Zubereitung, die Qualität des Wassers, die Qualität des Tees, die Wassertemperatur, die Dosierung und die Ziehzeit. In geringerem Maße spielen auch andere Faktoren eine Rolle, etwa das Material der Teekannen und Tassen oder die persönliche Befindlichkeit des Teetrinkers. Wem das alles viel zu kompliziert oder gar esoterisch erscheint, der sollte sich nicht entmutigen lassen. Leckerer Tee lässt sich trotz allem mit relativ wenig Aufwand zubereiten. Der beste Tee ist der, der Ihnen schmeckt. Alles, was ich auf dieser Seite zusammengetragen habe, soll Ihnen helfen, Ihren eigenen Tee-Weg zu entdecken.